Gott kommt nach Hamm
von Bertram Job (Düsseldorf)
Ronnie O'Sullivan ist ein begnadeter Snookerspieler. Jetzt lässt das widersprüchliche Billardgenie bei einem Schauturnier in der westfälischen Provinz die Kugeln flitzen.An größere Auftriebe ist man in den Zentralhallen von Hamm gewöhnt. Falls in der Mehrzweckhalle der Kreisstadt östlich von Dortmund nicht gerade eine Messe tobt, kommen hier Landwirte aus halb Westfalen zu diversen Nutzviehauktionen zusammen.
Doch an diesem Wochenende werden ganz andere Prachtexemplare durch die sogenannten Bullenhallen getrieben. Ronnie O'Sullivan alias "The Rocket" führt ein erlesenes Feld von Billardstars aus der Prestigeserie der Main Tour an, um in der westfälischen Provinz eine der anspruchsvollsten Varianten ihres Sports zu zelebrieren - das von britischer Noblesse geprägte Snooker.
"The Rocket hits Hamm", steht auf den Plakaten, die den Auftritt des genialischen Dreifachweltmeisters wie den Einschlag eines Meteoriten verkünden. Und glaubt man einer wachsenden Zahl von Enthusiasten, so bedeutet dessen erste Visite in Deutschland seit langer Zeit tatsächlich kaum weniger.O'Sullivan ist "die absolute Überfigur" dieses Sports, wie Thomas Cesal voller Respekt sagt. Darum bekommt er die zentrale Rolle beim Exhibition-Turnier, das Cesal mit seiner Einmannfirma Dragonstars Eventmanagement gestemmt hat: Nur er ist für das Endspiel am Sonntagabend im Best-of-11-Modus gesetzt. Alle anderen, darunter die deutschen Hoffnungsträger Patrick Einsle und Chris McBreen, müssen sich ab Freitag am grünen Tisch qualifizieren.
Obwohl Top-Player wie Ryan Day, Shaun Murphy und der verwegen spielende Australier Neil Robertson auf der Gästeliste stehen - die meisten Tickets werden wegen des sensiblen Antihelden und Prämienmillionärs aus Essex, der Cesal einen Großteil des knapp sechsstelligen Budgets gekostet hat, verkauft.
Und zahlende Zuschauer sind vorläufig die einzige Einnahme, weil größere Sponsoren in diesem Randsport auf sich warten lassen. "Wir müssen da noch Vorarbeit leisten", sagt Cesal. Dennoch ist zumindest ein Teil seiner Rechnung aufgegangen: Die 1450 Sitzplätze sind nahezu ausverkauft.
Die kleine deutsche Snookergemeinde ist im Fieber. Selbst Cesal spürt innere Unruhe, "weil ich ihm bisher noch nie begegnet bin". Sicher ist: Wenn "The Rocket" sich zwischen Sheffield und Schanghai die Kugeln gibt, schnellen die TV-Quoten hierzulande auf das Doppelte.
Dabei hat man ihn zuletzt vor zehn Jahren bei einem Masters-Turnier in Bingen am Rhein gesehen - Auslandsreisen sind nicht seine Passion, auch wenn er sich für eine Ausweitung der Main Tour ausspricht.
Der fleißige Applaus der Deutschen sei ihm noch in bester Erinnerung, das erlebe er im verwöhnten Königreich nicht. Jetzt sind die Fans gespannt, welchen Ronnie sie in Hamm erleben werden: Jenen introvertierten Gentleman, der so begnadet und beidhändig aufspielen kann, dass ehemalige Spieler wie Alan McManus das Gefühl haben, "Gott bei der Arbeit" zuzuschauen. Oder den ungehobelten Cockney, der missliebigen Kugeln den Mittelfinger zeigt und wütend auf den Teppich spuckt.
Bis heute hält der 32-Jährige den Rekord für den schnellsten jemals gespielten Maximum Break von 147 Punkten - aber auch den inoffiziellen für die meisten Disziplinarstrafen. Derzeit wirkt er clean und sehr ambitioniert und möchte nun die Titel in Serie abräumen, die ihm früher durch Formschwankungen entgangen sind. Da kommt das mit 20.000 Euro dotierte Turnier gerade recht: Gut bezahlte Matchpraxis für die UK Championships, die Mitte Dezember im englischen Telford steigen. Netter Auftrieb in einer dankbaren Gegend.
von Bertram Job (Düsseldorf)
Ronnie O'Sullivan ist ein begnadeter Snookerspieler. Jetzt lässt das widersprüchliche Billardgenie bei einem Schauturnier in der westfälischen Provinz die Kugeln flitzen.An größere Auftriebe ist man in den Zentralhallen von Hamm gewöhnt. Falls in der Mehrzweckhalle der Kreisstadt östlich von Dortmund nicht gerade eine Messe tobt, kommen hier Landwirte aus halb Westfalen zu diversen Nutzviehauktionen zusammen.
Doch an diesem Wochenende werden ganz andere Prachtexemplare durch die sogenannten Bullenhallen getrieben. Ronnie O'Sullivan alias "The Rocket" führt ein erlesenes Feld von Billardstars aus der Prestigeserie der Main Tour an, um in der westfälischen Provinz eine der anspruchsvollsten Varianten ihres Sports zu zelebrieren - das von britischer Noblesse geprägte Snooker.
"The Rocket hits Hamm", steht auf den Plakaten, die den Auftritt des genialischen Dreifachweltmeisters wie den Einschlag eines Meteoriten verkünden. Und glaubt man einer wachsenden Zahl von Enthusiasten, so bedeutet dessen erste Visite in Deutschland seit langer Zeit tatsächlich kaum weniger.O'Sullivan ist "die absolute Überfigur" dieses Sports, wie Thomas Cesal voller Respekt sagt. Darum bekommt er die zentrale Rolle beim Exhibition-Turnier, das Cesal mit seiner Einmannfirma Dragonstars Eventmanagement gestemmt hat: Nur er ist für das Endspiel am Sonntagabend im Best-of-11-Modus gesetzt. Alle anderen, darunter die deutschen Hoffnungsträger Patrick Einsle und Chris McBreen, müssen sich ab Freitag am grünen Tisch qualifizieren.
Obwohl Top-Player wie Ryan Day, Shaun Murphy und der verwegen spielende Australier Neil Robertson auf der Gästeliste stehen - die meisten Tickets werden wegen des sensiblen Antihelden und Prämienmillionärs aus Essex, der Cesal einen Großteil des knapp sechsstelligen Budgets gekostet hat, verkauft.
Und zahlende Zuschauer sind vorläufig die einzige Einnahme, weil größere Sponsoren in diesem Randsport auf sich warten lassen. "Wir müssen da noch Vorarbeit leisten", sagt Cesal. Dennoch ist zumindest ein Teil seiner Rechnung aufgegangen: Die 1450 Sitzplätze sind nahezu ausverkauft.
Die kleine deutsche Snookergemeinde ist im Fieber. Selbst Cesal spürt innere Unruhe, "weil ich ihm bisher noch nie begegnet bin". Sicher ist: Wenn "The Rocket" sich zwischen Sheffield und Schanghai die Kugeln gibt, schnellen die TV-Quoten hierzulande auf das Doppelte.
Dabei hat man ihn zuletzt vor zehn Jahren bei einem Masters-Turnier in Bingen am Rhein gesehen - Auslandsreisen sind nicht seine Passion, auch wenn er sich für eine Ausweitung der Main Tour ausspricht.
Der fleißige Applaus der Deutschen sei ihm noch in bester Erinnerung, das erlebe er im verwöhnten Königreich nicht. Jetzt sind die Fans gespannt, welchen Ronnie sie in Hamm erleben werden: Jenen introvertierten Gentleman, der so begnadet und beidhändig aufspielen kann, dass ehemalige Spieler wie Alan McManus das Gefühl haben, "Gott bei der Arbeit" zuzuschauen. Oder den ungehobelten Cockney, der missliebigen Kugeln den Mittelfinger zeigt und wütend auf den Teppich spuckt.
Bis heute hält der 32-Jährige den Rekord für den schnellsten jemals gespielten Maximum Break von 147 Punkten - aber auch den inoffiziellen für die meisten Disziplinarstrafen. Derzeit wirkt er clean und sehr ambitioniert und möchte nun die Titel in Serie abräumen, die ihm früher durch Formschwankungen entgangen sind. Da kommt das mit 20.000 Euro dotierte Turnier gerade recht: Gut bezahlte Matchpraxis für die UK Championships, die Mitte Dezember im englischen Telford steigen. Netter Auftrieb in einer dankbaren Gegend.
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